Tutorial "Live-Mixing", Part 3 Hier und jetzt also Teil 3 meines Tutorials „Live-Mixing“. Wir befassen uns diesmal sozusagen mit Punkt 2 unserer Liste vom letzte Mal, dem Akustikduo, evtl. Akustiktrio, evtl. Akustik-Konglomerat. Da ich mich auch auf die Inhalte der vorangegangenen Workshops beziehe, ist es vielleicht keine schlechte Idee, diese nochmal querzulesen. Ihr findet diese und andere Tutorials von mir unter der Adresse http://www.mix4munich.de/portal.htm Misch-Strategien und Vorgehensweisen beim Soundcheck - Teil 3, die Akustiker
Für wen ist dieser Workshop geschrieben?
Ich setze wieder ein wenig Grundwissen voraus – was genau, könnt Ihr in den vorherigen Tutorials lesen. Wer sich über andere Themen wie Monitoring, Gitarrenabnahme oder einfach nur über die anderen Teile dieses Tutorials informieren will, der kann dies gerne unter http://www.mix4munich.de/portal.htm tun.
Ungefähr Mitte / Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts – ach was red' ich, im letzten Jahrtausend! - gab es nach Disco, Elektro und Techno einen wahnsinnigen Boom von akustischer und handgemachter Musik. Das nannte sich dann „unplugged“, also quasi „entstöpselt“. Soll heißen ohne Verkabelung. Jedenfalls direkt am Instrument, denn man hatte damals als Tontechniker immer ein paar gute Mikros mitzuführen, um die entstöpselten Gitarren dann doch wieder hörbar zu machen, falls das Auditorium mehr als zehn Personen umfasste ... eigentlich also totaler Humbug, von unplugged zu sprechen, aber der Name bürgerte sich nun mal ein für Musik, die hauptsächlich akustischen Instrumenten entspringt. In der nicht ganz so fundamentalistischen Ausprägung werden immerhin ein E-Piano geduldet oder aber akustische Instrumente mit eingebauten Tonabnehmern – und spätestens damit sind wir dann wieder „plugged“. So oder so – der akustische Eindruck soll erhalten bleiben, die Technik hat sich bitteschön dezent im Hintergrund zu halten. Auf der Positivseite haben wir es bei unplugged im allgemeinen mit leiserer Musik zu tun, also bringen wir nach Möglichkeit kleinere, aber sehr hochwertige Anlagen an den Start. Trotzdem: Damals hatte ich ebenfalls eine Unplugged-Band zu betreuen, und das ging, man höre und staune, auch mit Low-Budget-Equipment sehr schön über die Bühne. Unplugged-Musik gilt gemeinhin als akustisch detailreicher als elektrisch verstärkter Sound. Bis zu einem gewissen Grad gilt das schon, man kann bei einer guten Akustikgitarre mehr akustische Details heraushören oder herausarbeiten als bei einer elektrifizierten Stromgitarre. Der Anschlag ist feiner zu hören und in unterschiedliche Komponenten aufteilbar, während es bei der E-Gitarre oft nur um den Druck geht, der im Anschlag liegt. Zwei Welten eben. Es gibt Berührungspunkte, aber auch große Unterschiede. Um nun mal konkret zu werden, nehmen wir uns heute ein Akustikduo vor, zwei Gitarren, Solo- und Backgroundgesang. Damit das ganze nicht zu einfach wird, ergänzen wir das schrittweise um einen Drummer (sic!) und später um einen Bassisten. Klingt merkwürdig, meint Ihr? Nun, genauso hat sich eine Band entwickelt, die ich früher regelmäßig betreut habe. Kann also doch nicht sooo abwegig sein.
War bei der Verstärkung der Bluesband noch der Krach von der Bühne und der sich daraus ergebende Mischsound ein Problem, haben wir hier nur noch ein lautes Instrument vor uns – das Drumset. Wobei in diesen Musikrichtungen das Drumset meist recht dezent gespielt wird, Besen oder HotRods statt normaler Sticks. Wie dem auch sei – wir nehmen die ganze Band mit Mikros oder DI-Boxen ab, Gitarren, Gesang, sogar das Drumset. Allerdings aus ganz anderen Gründen als beim letzten Mal bei der Bluesband. Was das Publikum am Ende zu hören bekommt, ist bei den Gitarren und dem Gesang ein nahezu reiner PA-Sound, nur beim Drumset mischen wir Natursound mit dem PA-Sound. Bei größeren Gigs überwiegt der PA-Sound, in kleineren Clubs naturgemäß der Natursound des Sets.
Wir haben es anfangs mit drei, später mit vier Musikern zu tun. Da es im Bereich unplugged immer mal wieder zu spontanen Kooperationen zwischen befreundeten Musikern kommt, beleuchten wir auch exemplarisch die Verstärkung und Einbettung von anderen akustischen Instrumenten wie Cajon, Querflöte und Cello. Unsere Grundbesetzung jedoch spielt mit zweimal Gesang, zwei akustischen Gitarren, dazu ein Natur-Drumset. Später widmen wir uns dann der Erweiterung um einen Basser, und danach betten wir dann noch weitere Instrumente in diesen Mix ein. Obwohl gerade im Bereich „Unplugged“ die Technik sich nicht in den Vordergrund spielen darf, wird hier manchmal ein ziemlicher Aufwand betrieben – schon, um eine kleine Band zu übertragen, braucht man schnell mal einen 16-Kanal-Mischer. Ohne eine parametrische Klangregelung wird es hier ganz schnell sehr schwer, das Instrumentarium zum Klingen zu bringen, was insbesondere an den Gitarren und den unterschiedlichen Pickup-Systemen liegt. Aber auch im Bereich Effekte kann man hier etwas mehr auffahren, schon bei einer kleinen Band braucht es eine ganze Menge Kanäle mit einem Compressor/Limiter im Insert. Ein richtig gutes Hallgerät ist Pflicht – keines mit einem elektronisch anmutenden Eigenklang, sondern eher natürlich-dezent. Meine persönliche Vorliebe ist da Lexicon, vielleicht auch noch TC-electronic, und wer es sich leisten kann, darf auch mit einem Bricasti an den Start gehen. Von Yamaha rate ich ausdrücklich ab, und auch DigiTech würde ich in diesem Szenario meiden – zu starke unnatürlich klingende Färbungen. Im Low-Budget-Bereich kann es dagegen gerne auch ein Hallgerät von Behringer sein, da diese im positiven Sinne unauffällig klingen. Die PA-Lautsprecher müssen keinen exzessiven Dauerpegel liefern, aber bitteschön einen ausgeglichenen Frequenzgang aufweisen und bei plötzlichen Peaks nicht in die Knie gehen oder verzerren. Daher auch lieber Endstufen, die überdimensioniert sind. Ansonsten im Siderack: Gute EQs für Front und Monitor, es darf in der Summe aber auch zusätzlich ein Exciter sein, um die Details ein wenig auszuleuchten. Ob man in der Summe einen Compressor/Limiter einsetzt, bleibt jedem selbst überlassen. WENN man einen nutzt, sollte man ihn so einstellen, dass er klanglich nicht auffällt. Werden wir doch einfach konkret: Ich habe bei den entsprechenden Gigs für fast jeden Eingangskanal einen Compressor im Insert, für jeden Gesang, jede Akustikgitarre, Bass, Bassdrum, Snare, und auch die meisten anderen akustischen Instrumente. All diese Kanäle werden nach Möglichkeit nur leicht komprimiert, nicht mehr als 3 bis maximal 6 dB an Gain Reduction. Unkomprimiert bleiben lediglich die Overheads. Die Bassgitarre, falls elektrisch, darf auch stärker komprimiert werden, Peaks bis 10 oder 12 dB Kompression – das sorgt für einen kompakten Sound, und unser Gehör hat sich einfach daran gewöhnt, dass in den meisten Produktionen der Bass exzessiv komprimiert wird. In der Summe nutze ich einen 31-Band-EQ, einen sehr dezent arbeitenden Exciter und einen Compressor – ebenfalls sehr dezent arbeitend. Für jeden Monitorkanal ebenfalls einen 31-Band-EQ mit eingebautem Limiter (dieses Feature nutze ich bei unplugged Gigs im Regelfall nicht, aber bei manch anderen Aufträgen ist es gut, so etwas zu haben). Der Hall ist bei mir von Lexicon, da tut es selbst ein uraltes Lexicon Alex. Ein Wort noch zu den Monitoren: Bei Unplugged (um den ganzen Bereich mal mit diesem Wort zu erschlagen) stehen meist recht viele Mikros auf der Bühne rum, und da die meisten Klangquellen nicht übermäßig viel Pegel liefern, sind die Gainregler am Mischpult oft recht weit aufgedreht. Daher wählt Monitore aus, die neutral klingen, keine Höhenanhebung haben und keine Rückkopplungen begünstigen. An dieser Stelle einfach nochmal der Verweis auf das Tutorial „Live-Monitoring“, zu finden im oberen Abschnitt der Seite http://www.mix4munich.de/portal.htm
Dieser Part ist ähnlich wie beim letzten Mal (Teil 2 dieser Serie), vielleicht mit dem Unterschied, dass die Technik definitiv nicht ins Auge fallen sollte. Bei elektrifizierter Musik ist das ja meist egal, aber bei den Akustikern soll die Technik sich doch optisch bitteschön zurückhalten. Ja, nee, iss klar. Persönlich geht mir das ja etwas gegen den Strich, viele der Musiker tun so, als ob sie auf die Technik verzichten könnten. Dabei muss man gerade bei den leisen akustischen Instrumenten eine Menge Technik an den Start bringen, um das ganze für ein größeres Auditorium hör- und genießbar zu machen. Aber jedem das seine. Zur Aufstellung: Schlagzeug oder andere Percussion-Instrumente stehen meist mittig auf der Bühne, die beiden Gitarreros rechts und links davor. Falls es mehr Musiker sind oder werden, dann kann man diese weiter zu den Seiten hin postieren, wobei man üblicherweise andere Percussion-Instrumente, den Bassisten und Tasteninstrumente „in die zweite Reihe“ verbannt. Hat sich halt so eingebürgert, aber letztlich kann das jeder halten, wie er will. In meinen Anfangstagen habe ich als Tontechniker für eine Kirchenband gearbeitet, die auf der Bühne meistens wie ein einziges Chaos postiert waren. Trotzdem hat es immer eine Menge Spaß gemacht. Die waren auch sehr „unplugged“, nur gab's das Wort damals noch nicht. Ähnlich wie beim letzten Mal gilt auch hier: Das Drumset ist in natura eigentlich schon ganz gut zu hören, wirklich lauter muss man es, zumindest in einem Club, nicht machen. Trotzdem empfehle ich, das Set mit zwei oder drei Mikros abzunehmen - eins für die Bassdrum, diesmal allerdings aus ganz anderen Gründen als beim letzten Mal. Ein weiteres für Overhead, damit wird eigentlich schon der gesamte Rest des Sets abgenommen und nicht wirklich lauter gemacht, aber akustisch "nach vorne geholt", wie ich es gerne nenne. Als drittes ein Mikro für die Snare, auch hier nicht, um sie lauter zu machen, sondern um etwas Hall dazu mischen zu können. Je nach Anspruch auf Natürlichkeit kann man sich dieses Mikro auch sparen oder stattdessen ein zweites Overhead-Mikro einsetzen, um das Schlagzeug in Stereo erklingen zu lassen. Falls die Gitarristen mit Akustikverstärkern ankommen, können diese auf die Seite oder auch vor die Musiker gestellt werden, ähnlich einer Monitorbox. Überhaupt sollte man jede auf der Bühne eingesetzte Lautsprecherbox so positionieren, dass ihr Direktschall nicht ins Publikum strahlt, und das gilt nicht nur bei den Akustikern. Wir haben hoffentlich für jeden Musiker einen Monitor dabei – in diesem Genre müssen die Teile ja nicht so laut sein, daher sind sie auch meistens etwas kleiner und leichter, was den bandscheibengeplagten Roadie selbstverständlich sehr freut.
Letztlich wollen wir jedes Instrumentensignal symmetrisch ins Mischpult liefern. Bei der Gitarre z.B. gibt es da verschiedene Möglichkeiten: Heutzutage allerdings haben die meisten Gitarren ein eingebautes Tonabnehmersystem mit Vorverstärker – ein wahrer Segen der Technik! Früher, als diese Instrumentengattung (Akustikinstrument mit eingebautem Tonabnehmersystem) noch nicht so gängig war, wurden viel Akustikgitarren mit unpassenden oder falsch montierten oder schlecht eingestellten Tonabnehmersystemen nachgerüstet. Der Klang konnte beliebig schlecht sein, mit vollkommen überbetonten Mitten habe ich es mal erlebt. In so einem Fall kann man keine Ratschläge geben – hört, wie es klingt, und macht was draus. Bei modernen Akustikinstrumenten, sagen wir mal bei Instrumenten aus dem aktuellen Jahrtausend – sind die meisten Tonabnehmersysteme passend zum Instrument entwickelt oder zumindest vom Hersteller gut darauf abgestimmt. Üblicherweise hat die Gitarre einen Klinkenanschluss, aus dem ein zwar gut klingendes, aber unsymmetrisches Signal kommt. Da bietet sich doch eine DI-Box an. Falls der Musiker mit seinem Instrument in einen Akustikgitarrenverstärker geht, und dieser hat einen DI-Ausgang, kann man natürlich auch diesen verwenden, um ein symmetrisches Signal fürs Mischpult abzuzweigen. Noch selten anzutreffen, aber auf dem Vormarsch, sind hochwertige Tonabnehmersysteme, die gleich ein symmetrisches Signal abgeben. An diese Gitarren schließt man dann direkt ein Mikrofonkabel an und geht damit ohne weitere Umwege in die Stagebox. Traumhafte Zustände!
Für die Positionierung der Schlagzeugmikros gelten im großen und ganzen dieselben Regeln wie beim letzten Tutorial, also lest Euch das gegebenenfalls nochmal an. Wir nehmen ein Mikro für die Bassdrum und eins als Overhead. Falls ein drittes Mikro dazukommt, kann das entweder ein Snare-Mikro sein, oder Ihr fahrt die Overheads in Stereo. Oder Ihr nehmt vier Mikros und habt beides :-) Beim letzten Tutorialteil, beim Clubgig der Bluesband, ging es für die Bassdrum einerseits darum, Schub im Tieftonbereich zu erzeugen, andererseits durfte sie sich mit dem Bass nicht ins Gehege kommen. Nun – einen Bass haben wir hier nicht. Der Bassdrum fallen also weitere Aufgaben zu. Deswegen braucht ihr Sound diesmal auch nicht so knackig und klar sein wie bei rockorientierten Musikstilen. Im Gegenteil, wir lassen der Bassdrum absichtlich mehr Platz im Arrangement, und zwar sowohl in der Frequenz- wie in der Zeitdomäne. Soll heißen, sowohl von den Frequenzbereichen als auch von der Zeit. Was soll das nun für den Sound der Bassdrum bedeuten? Bei stark rhythmisch orientierten Musikstilen wie Blues, Rock, Pop, Funk soll die BD knackig und kurz klingen. Dazu haben wir der BD das letzte mal ordentlich Schub im Bassbereich mitgegeben, ordentlich im Tiefmitteltonbereich aufgeräumt, um anderen Instrumenten mehr Platz zu lassen, und dafür wieder die Präsenzen mächtig angehoben, um einen kurzen, klar definierten Knack zu erhalten, der rhythmisch alles klar macht im Arrangement. Heute dagegen darf es ansatzweise wummern – außer etwas Schub im Bassbereich lassen wir auch den Tiefmitteltonbereich der BD einigermaßen bestehen. Der Präsenzbereich wird dagegen nicht angehoben, zusätzlich bekommt die BD sogar noch etwas Hall. Wer sich das Ergebnis einigermaßen vorstellen kann, kommt evtl. schon auf den Trichter: Wir ersetzen uns den Bass mit dem etwas unpräziseren Sound der Bassdrum! Der Rest der Angelegenheit darf so ähnlich klingen wie beim letzten Mal, insgesamt vielleicht etwas weniger knackig, sondern softer.
Akustische Gitarren bringen naturgemäß nicht übermäßig viel Kraft im Tieftonbereich mit sich. Insbesondere werden die meisten Kombinationen aus Instrument und Tonabnehmersystem auch eher auf Durchsetzungsfähigkeit im Arrangement einer Rock- oder Pop-Band optimiert. Also eher Durchschlagskraft statt Fülle. Wohlgemerkt, wir sprechen hier vom durchschnittlichen Instrument des Jahres 2008. Ältere, schlechtere oder bessere Instrumente oder Tonabnehmersysteme klingen möglicherweise ganz anders. Bei der Abnahme des Gitarrensounds über ein Effektgerät oder den Akustik-Amp kann es wieder ganz anders klingen. Man kann schlechterdings bessere Ratschläge geben als diese hier: Ich erinnere mich mit einigem Schrecken an eine Live-Übertragung im Radio von einer Akustikgitarrenband namens Ezio in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts – die beiden Gitarren klangen im Radio einfach nur schneidend dünn und scharf. So sollte es gerade nicht sein, sondern angenehm und natürlich klingen.
Und nun - voila! - der Gesang. Für den Zuhörer ist dies im allgemeinen der wichtigste Part, mit dem er sich am leichtesten identifizieren kann, daher sollte man hier entsprechende Sorgfalt walten lassen. Und diese Sorgfalt beginnt schon lange vor dem Soundcheck - ein gutes Mikrofon, welches zur Stimme des Sängers oder der Sängerin passt, sorgfältig und im Vergleich mit anderen Mikrofonen ausgewählt: Das ist schonmal die halbe Miete. Weiter sollte der Sänger (und mit diesem Ausdruck meine ich sowohl den männlichen Akteur wie auch die weibliche Akteurin) den Umgang mit "seinem" Mikro genauso üben wie der Instrumentalist das Handling seines Instrumentes: Wie wirkt der Nahbesprechungseffekt, und wie kann das dramaturgisch optimal eingesetzt bzw. genutzt werden? Wie kommt bei dem Mikro am ehesten Feedback zustande, und wie wird es am effektivsten vermieden? Wie ist die Übertragung der Dynamik des Gesanges? All diese Fragen sollte der Akteur mit seinem Mikrofon geklärt, im Proberaum exzessiv geübt und bis ins Knochenmark verinnerlicht haben. Vom verantwortungsvollen und vernünftigen Umgang mit der Stimme oder ganz allgemein mit der eigenen Gesundheit ganz abgesehen ... Hat man es mit einem guten Mikrofon und akzeptablen Lautsprechern zu tun, und ist die Raumakustik nicht ganz fürchterlich, wird ein annehmbarer Sänger über sein Mikrofon bei linearer Klangregelung bereits gut klingen. Mir persönlich ist diese Art der natürlichen Übertragung der menschlichen Stimme am liebsten. Zur besseren Textverständlichkeit kann man die oberen Mitten bei ca. 6 kHz etwas anheben, nicht mehr als 2 oder 3 dB. Oder einfach den Höhenregler bei einer simplen Dreibandklangregelung, aber auch nicht deutlich mehr als 3 dB. Dann noch etwas natürlichen Hall dazu, denselben, den wir auch für's Schlagzeug verwenden, da muss man also Kompromisse eingehen. Nimmt man einen natürlichen Hall, so ist der Kompromiss für beide Seiten - Drums wie Gesang - gut zu verschmerzen. Wenn man nun einen Gesamtcheck des Sounds macht, sollte im groben alles passen. Evtl. braucht die Stimme noch etwas Hilfe bei der Durchsetzung gegen den Rest der Band, aber da sind die eben erwähnten Methoden der Anhebung der oberen Mitten oder der Höhen schon ganz wirksam. Klingt die ganze Sache mit Stimme nun zu "mächtig" oder droht es im Tiefmittenbereich zu mulmen, kann man beim Vocalkanal eben diese unteren Mitten dezent zügeln (aber nicht zu stark, sonst klingt die Stimme zu dünn), oder man dünnt diesen Bereich nochmal bei den anderen Instrumenten aus. Es ist ein Irrglaube, dass der Sound eines Instrumentes - einmal eingestellt - immer gleich bleibt. Eher im Gegenteil! Siehe nächster Abschnitt ... Vorher aber geniessen wir noch etwas den Sound, den diese Kombi ergeben kann: Zwei akustische Gitarren, ein dezent/gefühlvoll gespieltes Drumset, Gesang plus Backing-Vocals. In meinem Fall war es damals die Band „Mental Reservation“ eines Freundes in Darmstadt. Einfach mal im Internet nach dem Namen suchen, diese Truppe gibt es heute noch.
Wir hatten ja gesagt, später kommt auch noch ein Bass dazu. Dann muss man eigentlich den Mittelweg finden zwischen dem akustischen Sound wie oben beschrieben und dem deutlich elektrifizierten Sound der Bluesband aus Teil 2 des Workshops. Zuerst einmal muss die Bassdrum wieder etwas beschnitten werden, jetzt brauchen wir nicht mehr ihr Sustain und auch nicht mehr so viele Tiefmitten, also Dämpfen, Tiefmitten ausdünnen, etwas knackiger klingen lassen. Ähnlich wie beim Soundcheck der Bluesrockband, nur etwas softer. Der Bass selbst wird am besten per eigener DI-Box oder vom Amp abgenommen. Je weniger Mikros auf der Bühne stehen, desto besser. Soundmässig würde ich den Bass oberhalb der Bassdrum und unterhalb vom Rest der Band ansiedeln, also so im hohen Bassbereich, tiefer Mitteltonbereich. Ein paar Mitten darf er ruhig von sich geben, bei den Höhen halten wir uns eher zurück – soll ja kein verdammter Slappbass werden! Lest dazu einfach nochmal die Kapitel vom letzten Teil über den Sound von Bassdrum, Bass und deren Auseinandersortieren.
Weiter oben haben wir es schon angedroht – weitere Instrumente kommen hinzu, was nach meiner persönlichen Erfahrung im Unplugged-Bereich immer mal wieder vorkommen kann. Die meisten Musiker sind mit einer Ignoranz der Technik gegenüber gesegnet, da werden Dinge im Proberaum zusammen ausprobiert, und akustisch klingt auch alles wunderbar. Aber statt dem Tech bescheid zu geben „Ey, da kommt noch ein Typ mit 'nem Marimbaphon, 'ne Tussi mit 'ner Querflöte und ein Cayon-Spieler für ein paar kurze Einlagen vorbei!“ kommen so Dinge meist erst während des Gigs zur Sprache – der Tech erfährt das zur selben Zeit wie das Publikum ... sowas kann einem echt den Tag vermiesen. Daher: Immer mindestens ein Universalmikrofon auf der Bühne rumstehen haben, damit man es im Ernstfall nur noch zurechtrücken und aufdrehen muss. Auf dem Monitor hört sich der Gast dann zwar nicht (oder zumindest nicht besonders gut), aber immerhin kriegt das Publikum was von dem Stunt mit. Ganz allgemein: Wenn ein weiteres Instrument ganz schnell in den „fertigen“ Sound einer Band integriert werden soll, braucht es zwei Dinge. Erstens muss man den Bereich im Frequenzspektrum kennen oder erahnen, bei dem dieses Instrument am dominantesten ist. Zweitens muss man nach Möglichkeit an genau dieser Stelle etwas Platz schaffen im Arrangement der Band. Unmöglich hier auf alle Instrumente einzugehen, aber auf den Webseiten von Eberhard Sengpiel (auch auf meiner Seite verlinkt oder einfach im Internet danach suchen) gibt es eine Übersicht, welche Instrumente bei welchen Frequenzbereichen besonders ausgeprägt sind – so als grober Wegweiser. Aber den drei Kandidaten von gerade eben widmen wir uns jetzt doch noch: Der Typ am Marimbaphon bekommt von uns ein paar wohltönende Mitten, eventuell auch tiefere Mitten freigeräumt, in denen er sich austoben kann. Dazu müssen Schlagzeug und Bass dort etwas weichen, vielleicht auch der Gesang (aber nur ein ganz klein wenig) und die Gitarren. Irgendwo in den oberen Mitten kann man noch etwas zugeben, damit das Instrument sich auch durchsetzt. Die Tussi mit der Querflöte belegt von sich aus eher den hochmittigen Bereich, es sei denn, hier wird Ian Andersson von Jethro Tull imitiert, dann darf es ruhig auch etwas tiefer sein. Dazu genügt ein Gesangsmikrofon, die Bässe dürfen bei diesem Kanal großzügig abgesenkt werden, im Mitteltonbereich und oberen Mittenbereich nach der am stärksten ausgeprägten Frequenz suchen, wieder die anderen Instrumente dort geringfügig zügeln. Vielleicht für mehr Fülle im Sound die tiefen Mitten etwas betonen. Etwas natürlicher Hall kommt bei der Querflöte meistens ganz gut. Jetzt der Bursche mit seinem Cayon: Wenn er bei seiner Einlage den Drummer ersetzt, dann kann man ihm gut was vom Tiefmitteltonbereich geben (den Bass dort etwas zügeln) und den Bereich betonen, wo die Hände aufs Holz klatschen, damit das perkussive Element gut zu hören ist. Spielt er mit dem Drummer gemeinsam, au weia. Dann würde ich versuchen, ihn irgendwo in den Mitten gut hörbar hervorzuheben, selbst, wenn das den Sound des Instrumentes verfälschen sollte. Wieder versuchen, den hölzernen Clap herauszuarbeiten, also den Sound, wenn die Hand auf das Holz des Cayons schlägt. Nicht vergessen: Wenn die ganze Gang wieder von der Bühne verschwunden ist, dann bitte die Klangregelung wieder ungefähr so hinkurbeln wie vorher!
Johannes Komarek
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