Tontechnik für Absolute Beginners
Ganz von Anfang an und kein theoretischer Ballast – Tontechnik für Einsteiger und alle, die es werden wollen. Was braucht es also, um z.B. Gesang, Keyboards und Akustikgitarren im Proberaum oder bei kleinen Konzerten zu verstärken, so dass sie mit Schlagzeug, Bass und E-Gitarren mithalten können?
Im allgemeinen sieht die Übertragungskette – also der Weg des Tonsignals in unserer Anlage – so aus:
1. Für den Gesang ist es am Anfang der Kette ein Mikrofon; dieses geht über ein Mikrofonkabel in einen Kanal des Mischpultes
Keyboards und Akustikgitarren mit eingebautem Tonabnehmer dagegen gehen über Klinkenkabel direkt in einen Kanal des Mischpultes
2. Dann kommt das Mischpult – evtl. sind hier auch schon Effekte (Hall, Echo) eingebaut
3. Danach kommt eine sogenannte Endstufe, die das Signal hochverstärkt, um damit Lautsprecher antreiben zu können; Endstufen haben heutzutage üblicherweise eine Leistung im Bereich 2*200 Watt bis 2*1000 Watt
4. Und zum Schluss die Lautsprecher
Manchmal sind die Verstärker bereits in das Mischpult eingebaut – diese Geräte nennt man üblicherweise Powermischer oder in schönstem Amtsdeutsch Mischverstärker. Solche Geräte sind im Proberaum sehr praktisch, weil alles Nötige in einer Kiste eingebaut ist. Weniger zu verkabeln! Das spart Zeit, Geld und mögliche Fehlerquellen, denn jedes Kabel, das man stecken (man sagt meist „ziehen“) muss, stellt eine Fehlerquelle dar. Wer's noch nicht am eigenen Leib erfahren hat … nun, Ihr werdet's schon noch merken.
Eine andere Art der Zusammenfassung ist, wenn die Verstärker in die Lautsprecherboxen eingebaut sind, und zwar meist gleich mehrere pro Box, ein kräftiger Amp für die Bässe und etwas weniger kräftig für den Hochtöner. Sowas nennt man dann Aktivboxen. In den etwas besseren Vertretern dieser Art ist gleich noch etwas Zusatzelektronik mit eingebaut, um einerseits das Signal ein wenig aufzuhübschen, also zu verschönern, indem z.B. Schwächen der Lautsprecher ausgeglichen werden, und andererseits ein Überlastschutz in Form eines Limiters, der die Lautsprecher gegen Verzerrung und Beschädigung durch Überlastung schützt. Moderne Aktivboxen sind dadurch nahezu unkaputtbar. Haben die Lautsprecher keinen Verstärker und weitere Elektronik eingebaut, nennt man die Lautsprecher auch Passivboxen.
Ein kurzes Wort zu Kabeln
Um die oben genannten Geräte zu verbinden, braucht man Kabel,
verschiedene Sorten. Fangen wir mit den gängigen Sachen an. Das Wissen darüber, wie ein Stromlabel aussieht (oft als Kaltgerätekabel bezeichnet), setze ich einfach mal voraus.
Mikrofonkabel: Haben auf der einen Seite einen XLR-Stecker, auf der anderen eine XLR-Kupplung. Damit kann man Signale störungsfrei (weil symmetrisch, dazu später irgendwann mal mehr) über weite Strecken übertragen, ausserdem sind die Kabel ohne Adapter verlängerbar, da man sie einfach aneinander anschliessen kann.
Nach meinen eigenen Erfahrungen zahlt es sich aus, beim Kauf zur preislichen Mittelklasse zu greifen (also nicht die Billigteile für unter 12 EUR pro 10-Meter-Kabel), sondern rund 16 bis 20 EUR für ein Mittelklassekabel von Klotz, Cordial oder z.B. Sommercable zu investieren. Die Billigkabel schlucken Höhen und Obertöne, was in einem etwas undeutlicheren Sound resultiert.
Als Beispiel habe ich mal eins der günstigeren Kabel eines renommierten Herstellers abgebildet. Man sieht an den Enden XLR-Stecker (links) und XLR-Kupplung (rechts). Diese werden auch als „XLR male“ und „XLR female“ bezeichnet.
Klinkenkabel: Damit werden Gitarren, Bässe und Keyboards an ihre
jeweiligen Verstärker oder an DI-Boxen (auch dazu irgendwann später noch mehr) angeschlossen. Da die Übertragung hier nicht störungsfrei erfolgt, sollten die Kabel nicht länger sein als notwendig. Im Proberaum und auf kleinen Bühnen haben sich Längen von 5 bis 6 Metern als praktikabel erwiesen, auf größeren Bühnen auch 9 bis 10 Meter. Mehr sollten es aber nicht sein, da die Signalqualität dann leiden kann.
Auch hier empfehle ich, nicht das Zeug vom Grabbeltisch zu kaufen, sondern im Bereich ab 15 EUR für ein 6-Meter-Kabel.
Lautsprecherkabel: Hiermit werden die Signale z.B. von einer Endstufe an die zugehörige Box weitergeleitet. Früher waren Klinkenkabel üblich, heute werden die fast nur noch benutzt, um Gitarrenverstärker an die zugehörigen Boxen anzuschliessen, weil dort vergleichsweise geringe Leistungen übertragen werden (max. 100 Watt). Sehen aus wie normale Gitarrenkabel, sind im Inneren aber anders aufgebaut. NICHT verwechseln!
Ebenfalls früher üblich waren Lautsprecherkabel mit XLR-Steckern, also fast wie Mikrofonkabel. Im Inneren unterscheiden sich die Kabel jedoch ebenfalls. Also auch hier: NICHT verwechseln!
Die heutzutage üblichen Lautsprecherkabel haben auf beiden Seiten sogenannte Speakon-Stecker und sind nicht ohne Adapter verlängerbar. Die Adapter hierfür heissen „Spookies“. Mit diesen Kabeln werden passive Lautsprecher an die Endstufen angeschlossen. Die Speakon-Stecker sind verriegelbar (können also unter Zug nicht aus den Buchsen flutschen), berührungssicher (soll heissen, man kann sich keinen Schlag daran holen, wenn man sie berührt) und für die Übertragung der heutigen hohen Leistungen ausgelegt. Wenn es irgend geht, benutzt diese. Der Spitzname dieser Stecker ist „Gardenas“, weil sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kupplungen von Wasserschläuchen dieses Herstellers haben. 
Noch ein Wort zur Richtung innerhalb der Signalkette, und dann geht’s los:
Der Signalfluss wird beschrieben in der Richtung, in der das Signal stärker bzw. lauter wird. Letztlich geht es also vom Mikro bis hin zur Lautsprecherbox. Im Detail: Vom Mikro geht es in das Mischpult, von dort weiter in die Endstufe und schlussendlich in die Boxen. Wenn also jetzt noch jemand sagt „Ich gehe mit dem Signal von der Endstufe in den Mischer“, dann soll ihn der Blitz beim Sch... treffen!
Und jetzt geht's los, wir bauen jetzt nacheinander drei Anlagen zusammen. Zuerst die aufwändigste: Mikro, Mischpult, Endstufe, Passivboxen.
Bei mir hat es sich bewährt, wenn ich zuerst die Kette vom Mischer bis zu den Boxen aufbaue.
Alsdann, aus den Ausgängen des Mischpultes (die können beschriftet sein mit Ausgang oder Output, und meistens wird noch unterteilt nach Links und Rechts bzw. Left und Right, manchmal auch als 1 und 2 oder A und B tituliert) geht es aus den XLR-Anschlüssen raus.
Von dort geht es über zwei Mikrofonkabel in die XLR-Eingänge der Endstufe, beschriftet meist mit Input. Diese können weiter beschriftet sein mit Links/Rechts, Left/Right, A/B oder 1/2, alles schon gesehen. Also einfach nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Dann geht es mit Lautsprecherkabeln (hoffentlich mit Speakon-Steckern) aus der Endstufe raus und in die Lautsprecher rein.
Jetzt steht schon mal dieser Teil der Übertragungskette. Nun ein Mikrofon per Mikrofonkabel an den Mikrofoneingang eines Eingangskanals vom Mischpult anschliessen, und gut. Mikrofone haben XLR-Ausgänge, Mischpulte haben XLR-Eingänge, also nehmen wir hier ebenfalls Mikrofonkabel mit XLR-Stecker und XLR-Kupplung.
Nun steht schonmal die Verkabelung. Falls nicht bereits geschehen, sollten nun das Mischpult und die Endstufe mit Strom versorgt werden. Zuerst wird das Mischpult angeschaltet und alle Geräte, die daran angeschlossen sein können, wie zusätzliche Effektgeräte, aber auch Keyboards, die evtl. schon angeschlossen sind. Als letztes wird die Endstufe angeschaltet. Dies tut man, um die Lautsprecher zu schonen und ihnen nur einen Einschaltknacks zuzumuten.
WICHTIG ist, dass die Endstufe und die Ausgänge des Mischpultes zu diesem Zeitpunkt noch komplett „zu“ sind, d.h. Lautstärke auf Null. Danach erst werden das Mischpult (dessen Masterregler, auch Main oder L/R genannt) aufgedreht, meist auf 0 dB oder bei Bedarf auch weniger. Dann die Endstufe – langsam und vorsichtig aufdrehen, bis zum Rechtsanschlag. Ist das zu laut (oder muss deswegen das Mischpult ganz niedrig gedreht werden, damit der Pegel später passt), kann man auch an der Endstufe noch etwas den Pegel reduzieren. Ein Satz, den es von mir oft zu hören gibt: Üblicherweise wird die Endstufe voll aufgedreht. Wenn das bei Euch zu laut ist, dann könnt Ihr sie auch weniger stark aufdrehen. Damit ist nun alles vorbereitet für den letzten Schritt.
Hantiert man stattdessen mit einem Powermischer und Passivboxen, schliesst man lediglich mit zwei Lautsprecherkabeln die Boxen an die Lautsprecherausgänge des Powermischers an. Dann noch Stromkabel an den Powermischer, und es kann losgehen - anschalten, Mikros anschliessen, einpegeln wie oben beschrieben, dann aufdrehen und loslegen.
Und mit Aktivboxen und einem normalen Mischer geht man wie folgt vor: Mischpult und jede Aktivbox an den Strom anschliessen. Dann aus den beiden Ausgängen R/L des Mischpultes (üblicherweise per XLR-Kabel, also Mikrofonkabel) in die beiden Aktivboxen gehen. Wenn die einen Line-Eingang haben, nutzt diesen. Falls es eine XLR-Buchse ist, und der Pegel ist umschaltbar, dann sollte dieser auf "Line" stehen. Dann anschalten und zwar das Pult zuerst, danach die Aktivboxen. Beim Ausschalten verfährt man in umgekehrter Reihenfolge.
Soundcheck und Einpegeln
Und nun schnappen wir uns ein Gesangsmikro, schliessen ein Mikrofonkabel daran an und verkabeln das ganze nun mit dem Mischpult, z.B. auf den Mikrofoneingang von Kanal 1. Zumindest bei mir bleibt der Kanal erstmal lautlos, den Anfang meines Soundchecks mache ich ohne Krach. Wenn man einen Sänger oder eine Sängerin vor dem Mikro hat, sollte man ihnen das auch sagen, ungefähr in der Art „Sing' jetzt mal eine halbe Minute in das Mikro rein, und wundere Dich nicht, dass Du am Anfang nichts hörst.“ Jetzt haben wir also Pegel auf dem Mikro, aber noch hört man nichts. Zuerst muss jetzt der Kanal auf ordentliche Pegelverhältnisse gebracht werden:
- Falls das Mikro ein Kondensatormikrofon ist, muss die Phantomspeisung aktiviert werden; ab der Mittelklasse kann man diese pro Kanal aktivieren, im Einsteigerbereich wird diese meist global für alle Mikrofonkanäle aktiviert
(achtet BLOSS darauf, dass der Kanal immer gemutet, also stummgeschaltet, ist, wenn Ihr daran die Phantomspeisung aktiviert oder deaktiviert; das gibt sonst ganz schöne Schläge auf der Anlage, und die sind für die Lautsprecher schädlich)
- MUTE aus, also den Kanal aktivieren (das ist meistens ein roter Schalter unten beim Fader); bei Yamaha-Mischpulten ist es umgekehrt, da muss der Kanal (meist mit einem großen roten Button) angeschaltet werden, bevor was rauskommt
Danach drücken wir in diese Kanal den Knopf PFL (heisst manchmal auch Solo)
- Nun sehen wir den Pegel des Kanals in der Masteranzeige, meist oben rechts am Mischer
- Während Sänger/Sängerin also singt, drehen wir die Eingangsempfindlichkeit (d.h. den GAIN-Regler ganz oben im Kanal) so weit auf, dass die lautesten Passagen so langsam in den roten Bereich der Pegelanzeige gehen – dazu muss der Sänger natürlich auch so laut singen wie nachher bei der Probe bzw. beim Konzert (sollte man ihm/ihr spätestens jetzt sagen)
- Eventuell muss jetzt der Kanal noch auf die Summe geroutet werden, dazu ist dann unten evtl. ein Knopf „R/L“ oder „Main“ - damit wird das Signal auf den Stereoausgang geleitet
- Und NUN wird es lauter: Vorsichtig den Kanalfader hochziehen – nun sollte die Stimme auf der PA zu hören sein
Falls nicht, ist wahrscheinlich noch die Endstufe abgedreht oder ein Kabel nicht gezogen
Johannes Komarek, München im Juni 2014